Die Wege des ursprünglichen Textes der Bibel sind in der jahrtausendelangen Überlieferung häufig verschlungen und verworren. In diesem unübersichtlichen Dickicht stellt der Codex Etschmiadzin einen Punkt der Orientierung dar: Er bietet den Text des im Jahre 989 im Kloster Noravank (südöstlich von Eriwan in Armenien) geschriebenen Evangeliars, das seinerseits den Text einer bereits im 5. Jahrhundert gefertigten altarmenischen Übersetzung beinhaltet. Diese altarmenische Übersetzung gilt auf Grund ihrer stilistischen Reinheit als die „Königin der Bibelübersetzungen“. Zurück zu den Ursprüngen führen auch die 19 monumentalen Miniaturen und die synoptische Darstellung in Tabellen-Säulen-Form von Übereinstimmungen und Unterschieden in den Evangelien, wie sie Eusebius von Caesarea im 4. Jahrhundert in dekorativer Weise ersonnen hat. Bei so pretiösem Inhalt verwundert es dann auch nicht mehr, dass der Einband mit einmalig schönem Elfenbein gestaltet wurde.