Die literarische Gattung des Bestiariums gehört in der mittelalterlichen Welt zu den beliebtesten Buchgattungen. Dabei handelt es sich um ein besonders reich bebildertes Werk der Tierliteratur, in dem Kreaturen aus dem Tierreich und der Fantasiewelt mit moralischen Eigenschaften belegt werden. Diese illuminierten Handschriften waren im England des 12. und 13. Jahrhunderts von besonders hoher Bedeutung. Das Bestiarium aus St. Petersburg ist eines der schönsten und kostbarsten Beispiele für diese Codices. Es ist außerordentlich reich mit 114 farbenfrohen Miniaturen (darunter 4 ganzseitige) geschmückt, von denen die meisten vor einem erhabenen Hintergrund aus Blattgold stehen. Zusätzlich zu den Tierdarstellungen ist das Werk mit einem Bilderzyklus der Schöpfungsgeschichte ausgestattet. Auch wenn die Handschrift eindeutig aus England stammt, ist sonst nur wenig über ihren Ursprung bekannt, und selbst die Bestimmung der Quelle ihrer Ikonographie ist schwierig. Dennoch dürfte sie um 1190 in einem Kloster in den nördlichen Midlands entstanden sein.